Im Kleinen das Große suchen

Mikrogeschichte in Theorie und Praxis (JGLR 9/2012)

Herausgegeben von Ewald Hiebl und Ernst Langthaler

Mikrogeschichte sucht nicht das Kleine, sondern das Große im Kleinen. Sie beforscht Gegenstände, die auch in anderen Sparten der Geschichtswissenschaft im Mittelpunkt stehen: Naturbeziehungen, Wirtschaftsverflechtungen, Herrschaftsformationen, Familienverhältnisse, Identitätsstiftungen und so fort. Die Mikrogeschichte zeichnet sich nicht durch das Was, sondern das Wie der Forschung – einen "mikrohistorischen Blick" – aus: Aus der Nahsicht sucht sie an kleinen Orten und einzelnen Personen überlokale und -individuelle Phänomene „dicht" zu beschreiben, zu verstehen und zu erklären. Ein Dritteljahrhundert nach Carlo Ginzburgs Pionierstudie Der Käse und die Würmer hat die microstoria ihre Kinder- und Flegeljahre hinter sich gebracht und ist erwachsen geworden; mit ihr hat sich auch das historiographische Umfeld gewandelt: Die Wirtschaftsgeschichte orientiert sich an makroökonomischen Modellen; die Kulturgeschichte stellt die Kategorie der "Erfahrung" in Frage; die Welt- und Globalgeschichte lässt den historiographischen Blick in die Ferne schweifen. Wie und zu welchem Ende studiert man heutzutage Mikrogeschichte? Antworten auf diese Frage bietet der vorliegende Band, in dem Historiker/-innen unterschiedlicher Fachbereiche die Potenziale der Mikrogeschichte in Theorie und Praxis ausloten.

 

Einleitung

Ewald Hiebl/Ernst Langthaler: Im Kleinen das Große suchen. Mikrogeschichte in Theorie und Praxis

 

Debattenbeiträge

Otto Ulbricht: Divergierende Pfade der Mikrogeschichte. Aspekte der Rezeptionsgeschichte

Angelika Epple: Globale Mikrogeschichte. Auf dem Weg zu einer Geschichte der Relationen

Margareth Lanzinger: Das Lokale neu positionieren im actor-network-Raum – globalgeschichtliche Herausforderungen und illyrische Steuerpolitiken

Ernst Langthaler: Vom Behälter zum Netzwerk? Raum in mikrohistorischer Perspektive

Lukaš Fasora: Mikrogeschichte und Arbeiterkulturgeschichte. Beispiele aus der neuen tschechischen Forschung

Christoph Boyer: Geschichte als Wissenschaft?

 

Fallstudien und Werkstattberichte

Andrea Griesebner: Vom Brief zum Forschungsprojekt. Rekonstruktion des Forschungsprozesses oder Mikrogeschichte angewandt

Norbert Schindler: Die Konflikte um das Salzburger Wetterläutverbot von 1785. Zum pragmatischen Gebrauch der Mikrogeschichte

Norbert Franz: Handlungsspielräume ländlicher Gemeinden im 19. Jahrhundert. Zwei ostfranzösische Beispiele im mikrohistorischen Vergleich

Robert Hoffmann: „Es ist dies der Ausfluß meines ‚in sich lebens’ gegenüber des äußeren Gesellschaftslebens“. Aus dem Tagebuch eines Gemischtwarenhändlers

Hans Heiss: Der globale Ort. Franzensfeste/Fortezza: Festung, Dorf, Metapher

Stefan Eminger: Die „Oberen“ und die „Unteren“. Eine Fallstudie zur Dorfpolitik in Niederösterreich zwischen Monarchie und Gemeindereform (1900–1960)

Peter Melichar: Ein Fall für die Mikrogeschichte? Otto Enders Schreibtischarbeit

Brigitte Entner: Ein Dorf in Aufruhr – widerständiges Handeln als kollektive Praxis?

Franz Potscher: Mauthausen – Lebenswelten neben dem Konzentrationslager. Erfahrungen aus lebensgeschichtlichen Interviews

Niklas Perzi: Kautzen und Český Rudolec: Zwillingsorte an der Systemgrenze?

Grazia Prontera: Aufruhr für die Demokratie. Die apulische Landarbeiterbewegung (1949–1951)

Johannes Hofinger: Mikrogeschichte und Oral History. Das Projekt MenschenLeben – Erzählebenen lebensgeschichtlicher Interviews und Fragen der Auswertung in der Sekundäranalyse

 

Bestellung und Anforderung von Rezensionsexemplaren beim StudienVerlag (ISBN: 978-3-7065-5216-5)