Der ÖGS Kongress wird von 26. bis 28. September 2019 an der Universität Salzburg stattfinden.
Die Sektion ländliche Sozialforschung veranstaltet beim ÖGS Kongress eine eigene Session. Die Organisatoren Georg Wiesinger und Markus Schermer laden herzlich zu Beiträgen ein und ersuchen alle, die in dieser Session einen Vortrag halten wollen, um die Übermittlung kurzer Abstracts (max. 3000 Zeichen) bis spätestens 31.3.2019.
Kontakt:
Markus Schermer, Universität Innsbruck, markus.schermer@uibk.ac.at
Georg Wiesinger, Bundesanstalt für Agrarwirtschaft und Bergbauernfragen, Wien, georg.wiesinger@berggebiete.at
Call for Papers für die Session ländliche Sozialforschung
Der ländliche Raum ist einem permanenten Wandlungsprozess unterworfen. Globale Prozesse wirken sich auch auf das Leben und Arbeiten in den ländlichen Regionen Österreichs aus. Auch wenn der Wandel des ländlichen Raumes kein neues Phänomen ist, treten neue Treiber für die aktuellen Dynamiken in Aktion. Klimawandel und das Ende des Erdölzeitalters bringen neue Herausforderungen aber auch neue Chancen für die Entwicklung ländlicher Räume mit sich. Die notwendige Neuorientierung auf erneuerbare Ressourcen eröffnet Raum für gegensätzliche Zukunftsvisionen, die sich zwischen den Polen einer technologiebasierten Bioökonomie und einer dezentralen Ökoökonomie (Marsden 2012) bewegen. Die Konsequenzen sind sowohl für die landwirtschaftliche Produktion wie auch die in ländlichen Räumen gesellschaftliche Entwicklung spürbar.
Zusätzlich ist das Leben in den ländlichen Regionen im Zeitalter der ‚Beschleunigung‘ (Rosa 2004) und der ‚Flüssigen Moderne‘ (Bauman 2012) neuen Dynamiken und Herausforderungen unterworfen. Digitalisierungsprozesse können den landwirtschaftlichen Strukturwandel beschleunigen, vor allem wenn die Nutzung sich nur für größere Flächen rechnet. In der Tierhaltung verändert sich das Mensch-Tier Verhältnis durch den Einsatz von Drohnen für Herdenmanagement und Herdenschutz, sowie durch die Erfassung elektronischer Daten im Gesundheitsmonitoring. Die Auswirkungen der Digitalisierung auf bäuerliche Gemeinschaften und die Identitäten sind jedoch bislang noch wenig beleuchtet.
Der ländliche Strukturwandel betrifft jedoch längst nicht mehr nur die Landwirtschaft, sondern den gesamten ländlichen Raum. So erscheinen die Grenzen der Naturausbeutung und Urbanisierung des Ländlichen durch Tourismus gerade auch in den Alpen endgültig erreicht, beziehungsweise bereits überschritten. Doch auch wenn das Ländliche längst nicht mehr nur das Landwirtschaftliche ist, lässt sich das Land kaum ohne Landwirtschaft denken. Einerseits prägt die Abwanderung bestimmte periphere Gebiete, andererseits treten Phänomene wie die der ‚new Highlanders‘ auf, die als ‚Digital Nomads‘ die Natur suchen und neue Bewirtschaftungsformen erproben. In peri-urbanen Ballungsräume stehen sich gleichzeitig post und neo produktivistische Ansätze der Agrarproduktion (Wilson und Burton 2015) gegenüber.
Ähnlich wie sich die Siedlungsstruktur zwischen entsiedelungsgefährdeten Gebieten und Ballungsräumen auseinanderentwickelt, polarisiert sich auch die Struktur der Lebensmittelerzeugung. Neben globalisierter Billigproduktion entstehen neue zivilgesellschaftliche Netzwerke, die eine Wiedereinbettung der Lebensmittelwirtschaft in soziale Beziehungen zum Ziel haben. Diese neuen Beziehungen zwischen Produktion und Konsum beeinflussen wiederum das Stadt-Landverhältnis.
Diese Session will die Treiber der vielfältigen gegenwärtigen Wandlungsprozesse im ländlichen Raum ins Blickfeld nehmen und gleichzeitig die innovativen Ansätze damit umzugehen beleuchten. Wir erwarten uns insbesondere Beiträge zu folgenden Fragen:
- Welche neuen Treiber bestimmen den Strukturwandel der Landwirtschaft?
- Heißt Strukturwandel immer „wachsen oder weichen“?
- Welche neuen Anforderungen stellt die Gesellschaft an die Landwirtschaft in der Bioökonomie?
- Welche neuen Phänomene bestimmen die Zukunft des ländlichen Raumes?
- Wo sind Ansätze einer zivilgesellschaftlichen Einflussnahme?