Dissertation von Jessica Richter zu häuslichen Arbeitskräften

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Die IGLR-Projektmitarbeiterin schloss 2017 ihre Arbeit über Auseinandersetzungen um den häuslichen Dienst in Österreich ab.

Jessica RichterJessica Richter, Mitarbeiterin im first-Forschungsverbund „Migration“ mit dem IGLR-Teilprojekt „Überleben in der ‚Krisenzeit‘ 1914–1950 – Brennpunkt Migration“, verteidigte im November 2017 ihre von Josef Ehmer und Sigrid Wadauer an der Universität Wien betreute Dissertation: „Zur Produktion besonderer Arbeitskräfte. Auseinandersetzungen um den häuslichen Dienst in Österreich (Ende des 19. Jahrhunderts bis 1938)“. Sie befasst sich darin mit den Weisen und Möglichkeiten der Lebensunterhaltsorganisation, die sich u.a. mit der Entwicklung des Sozialstaats und der Einführung neuer arbeitsrechtlicher Regelungen seit dem Ende des 19. Jahrhunderts veränderten. Zwar blieb umstritten, was Arbeit sein und wie sie organisiert sein sollte, aber kontinuierliche, außerhäusliche, gelernte und hoch formalisierte Berufserwerbsarbeit wurde immer mehr als Referenz und Maßstab für alle anderen Lebensunterhalte durchgesetzt. Ihre Etablierung als legitimster Lebensunterhalt veränderte auch alle anderen Weisen, sich ein Auskommen zu organisieren.

Einer dieser anderen Lebensunterhalte war der häusliche Dienst. Er bestand kaum als berufliche Erwerbsarbeit, allein schon, weil bei ihm Wohn- und Arbeitsort zusammenfielen.  Noch in den 1930er Jahren war allerdings der Dienst im fremden Haushalt die wichtigste Erwerbstätigkeit von Frauen. In ihrer Dissertation untersucht Jessica Richter, wie der häusliche Dienst in den Auseinandersetzungen um Arbeit in Relation zu anderen Diensten und Lebensunterhalten definiert, organisiert und praktiziert wurde. Dabei geht es nicht nur um die rechtliche Ebene, sondern auch um eine alltagsweltliche. Die Stellen in diesem Bereich waren von Instabilität, Mangel an Regulierung und großen Unterschieden zwischen den Haushalten geprägt. Die vielfältigen Praktiken analysiert Jessica Richter im Überblick wie im Detail, indem sie einen heterogenen Quellenkorpus u.a. aus Selbstzeugnissen, politischen Publikationen, offiziellen Dokumenten oder populärer Literatur einem systematischen Vergleich unterzieht.

 > Jessica Richter, Zur Produktion häuslicher Arbeitskräfte. Auseinandersetzungen um den häuslichen Dienst in Österreich (Ende des 19. Jahrhunderts bis 1938), phil. Diss. Universität Wien 2017.

Einige Aspekte aus dem vierten Kapitel der Dissertation sind in einem aktuellen Blogartikel nachzulesen: „Hausgehilfe“ – Making of einer Verwaltungskategorie auf fernetzt.univie.ac.at