Für das Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes 2019 über „Zwischenräume“ und Verflechtungen zwischen Stadt und Land werden Beiträge gesucht.
Call for Contributions:
Zwischenräume. Stadt-Land-Beziehungen, Tourismus und gesellschaftliche Mobilität im 19. und 20. Jahrhundert /
In Between? Urban-Rural Relations, Tourism and Social Mobility in the 19th and 20th Centuries
Band 2019 des Jahrbuchs für Geschichte des ländlichen Raumes
Bandherausgeber: Martin Knoll, Universität Salzburg
Städtische und ländliche Räume sind seit Jahrhunderten vielschichtig verflochten. Die Art der Verflechtung unterliegt historischem Wandel. Ein Bündel von neuen gesellschaftlichen Mobilitäten hat diese Verflechtungsbeziehung vertieft und erweitert. Tourismus hat im 19. und 20. Jahrhundert immer mehr – zunächst meist urbane – Besucherinnen und Besucher in ländliche Regionen gebracht. Diese Zielregionen wurden dadurch ökonomisch, sozialökologisch und kulturell tiefgreifend verändert. Infrastrukturen mussten errichtet und ausgebaut werden, um Ver- und Entsorgung, Mobilität und Unterhaltung saisonal fluktuierender Bevölkerungsgruppen zu gewährleisten und dabei auch den Standards des urbanen Publikums gerecht zu werden. Vormals periphere Regionen wurden unter diesen Vorzeichen in überregionale Netzwerke der Mobilität, Energieversorgung und Kommunikation integriert und dabei quasi urbanisiert, auch wenn sie vordergründig oft den Charakter ländlicher Siedlungen behielten bzw. diesen Charakter im Sinne einer „invention of tradition“ (Eric Hobsbawm/Terence Ranger) kultivierten.
Zu den Folgeerscheinungen touristischer Transformation ländlicher Regionen gehörte zum einen die konfliktträchtige Aushandlung des Verhältnisses zwischen Neuerung und Beharren in lokalen Gesellschaften, zwischen autochthonen und importierten Werteordnungen, zwischen angestammten und implantierten Wirtschaftsstilen und Landnutzungsoptionen. – Nicht zuletzt ringen in Tourismusregionen verschiedene Akteursgruppen um die Entscheidungskompetenz zur Frage „Who owns the summer?“ (Ovar Löfgren). Flächenverbrauch und Landschaftswandel erweisen sich vielerorts als drängende Probleme. Auch der demografische Wandel, der nicht zuletzt in der tourismuswirtschaftlichen Arbeitsmigration wurzelt, ist eine der zu analysierenden Begleiterscheinungen touristischer Transformation. Schließlich gehört auch die dauerhafte Ansiedlung vormaliger touristischer Besucherinnen und Besucher oder die Begründung eigentumsbasierter Zweitwohnsitze in den zu beleuchtenden Kontext. Dass zunächst der schienen- und straßengebundene Personenverkehr, später die Individualmotorisierung wachsende Pendeldistanzen zwischen landschaftlich – und damit touristisch – attraktiven Wohnlagen und urbanen Zentren, erhöhte, ist ein weiterer wichtiger Aspekt, der geeignet ist, Stadt-Land-Grenzen zu verwischen.
Ob sich das Verhältnis zwischen Stadt und Land unter den Vorzeichen von Mobilität, Tourismus, Naherholung etc. während des 19. und 20. Jahrhunderts im Sinne eines „fair play“ (Matthew Klingle) entwickelt hat, ist eine der spannenden übergeordneten Fragen.
Das Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes sucht Beiträge, die den skizzierten Problembereich anhand regionaler Fallstudien, im überregionalen Vergleich und/oder in konzeptionell-methodischer Reflexion erschließen. Wir erbitten Vorschläge zu Beiträgen (Abstract im Umfang von ca. 5.000 Zeichen, kurzer wissenschaftlicher CV, Publikationsliste, max. 10 Titel).
Einsendeschluss für Proposals: 31. Juli 2017
Einsendeschluss für Beiträge: 31. Jänner 2018
Kontakt und Informationen: martin.knoll@sbg.ac.at
*** The English version of this Call for Contributions to the Rural History Yearbook 2019 can be found via the Rural History Newsletter. ***