Ein Pilotprojekt zur inhaltlichen Erschließung und Katalogisierung von Amateurfilmen als Quellen für die ländliche Zeitgeschichte
Projekt des Forschungsnetzwerks Interdisziplinäre Regionalstudien (first)
unter der Leitung des IGLR
Beauftragt durch das
Amt der NÖ Landesregierung, Abteilung Kunst und Kultur
Laufzeit
November 2018 – Oktober 2019
Projektleitung
Ulrich Schwarz-Gräber
Bearbeitung
Almut Hufnagl (Zentrum für Migrationsforschung)
Florian Ribisch (Institut für jüdische Geschichte Österreichs)
Brigitte Semanek (IGLR)
Koordination
Johanna Zechner
Kooperationspartner
Filmarchiv Austria
Beschreibung
2013 hatten das Land Niederösterreich und das Filmarchiv Austria einen Aufruf zur Einbringung von Schmalfilmen unter dem Motto „Niederösterreich privat – Ihre Filme machen Geschichte“ initiiert. In den Jahren darauf wurden mehr als 63.000 Filmrollen übergeben und durch das Filmarchiv Austria digitalisiert und archiviert. Dieser umfangreiche Archivbestand soll nun durch einen Findbehelf erschlossen werden, um ihn für künftige Forschungs- und Ausstellungsprojekte zugänglich zu machen.
Erste Sichtungen von Ausschnitten aus dem riesigen Bestand zeigen, dass das Filmmaterial eine breite Basis für unterschiedliche Fragestellungen zur ländlichen Zeitgeschichte bedeutet. Bisher kaum fassbare Aspekte der Ankunft moderner Konsum- und Freizeitkultur im kleinstädtischen und ländlichen Räumen, Wandlungsprozesse von Familienbildern und Haushalten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, aber auch die Veränderungen dörflicher Strukturen und die Bedeutung von Ausflügen und Urlauben erscheinen aus der Perspektive dieser Quelle in einem neuen Licht. Ein Charakteristikum der Amateurfilme/Home Movies ist aber auch die wiederkehrende Wahl der Motive. So lassen sich Serien ähnlicher Motive bilden, wie etwa zu Weihnachtsfesten in der Familie. Solche Serien sensibilisieren für die feinen Unterschiede in den Darstellungen ebenso wie für Herausforderungen gerade im Hinblick auf die vielfach noch zu entwickelnde Quellenkritik dieser Gattung.
In diesem Pilotprojekt wird ein Konzept zur inhaltlichen Erschließung der Bestände entwickelt und ein erster Teil der Filme dementsprechend katalogisiert. Parallel dazu werden in kleinen Fallstudien Potentiale des Materials für die historische Forschung zum ländlichen Raum ausgelotet: von seriellen Bildern von Festtafeln über Repräsentationen der Zeit des „Kalten Kriegs“ aus niederösterreichischer Sicht bis zu landwirtschaftlichen Tätigkeiten in bewegten Bildern. Ein weiteres Ziel des Projekts ist es, einen Vernetzungs- und Austauschprozess mit nationalen und internationalen Expertinnen und Experten im Bereich der Sammlung und Erforschung von Amateurfilmen/Home Movies in Gang zu setzen.
Informationen zur Sammel- und Digitalisierungsaktion:
https://www.filmarchiv.at/sammlung/film/amateurfilme/
Publikation
Brigitte Semanek, Ulrich Schwarz-Gräber, Florian Ribisch und Almut Hufnagl, Bewegte Landbilder als zeithistorische Quelle. Erschließungswege und Forschungspotenziale der Schmalfilmsammlung „Niederösterreich privat“, in: Martin Knoll (Hg.), Cities – Regions – Hinterlands. Metabolisms, Markets, and Mobilities Revisited. Jahrbuch für Geschichte des ländlichen Raumes 17/2020, 163–184, DOI: 10.25365/rhy-2020-10.