Ein FWF-Projekt zu behördlichen Auseinandersetzungen mit Landarbeit in Österreich (1918–1938).
Förderung
Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF, P 32140 Einzelprojekt)
Laufzeit
September 2019 – Februar 2024
Projektleitung
Kurzbeschreibung
Was wir heute unter Arbeit verstehen, ist historisch relativ neu. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Beruf im Sinne einer gelernten, kontinuierlichen, außerhäuslichen Erwerbsarbeit immer mehr zum Leitbild und Maßstab für alle anderen Möglichkeiten, sich ein Auskommen zu erwirtschaften. Dazu trugen gerade Behörden, Gerichte, staatliche Einrichtungen wie die Arbeitsämter oder Parlamente bei, etwa indem sie Rechte und Pflichten der Arbeitsparteien in Gesetzen festschrieben, Ausbildungen regelten, Sozialversicherungen aufbauten oder die Arbeitsmigration mit neuen Mitteln begrenzten oder förderten.
Im Zuge dessen veränderten sich auch landwirtschaftliche Arbeitsverhältnisse, die in Österreich in der Zwischenkriegszeit rechtlich neu geregelt und teilweise in Sozialversicherungen einbezogen wurden. Aber sogar unter Staatsorganen blieb umstritten, wie die Tätigkeiten von Dienstbot*innen, Landarbeiter*innen, Tagelöhner*innen etc. einzuordnen und zu regulieren waren. Während manche Behörden etwa darauf abzielten, landwirtschaftliche Tätigkeiten in die Maßnahmen zur Verwaltung des gewerblichen Arbeitsmarkts einzubeziehen, pochten andere auf die Besonderheiten von Landarbeit und damit auf eigens zugeschnittene Formen der Regulation.
Das Projekt macht sich diese Streitigkeiten und die behördlichen Maßnahmen zur Regelung landwirtschaftlicher Beschäftigung zum Gegenstand. Es geht von der These aus, dass im Zuge von Konflikten, Konkurrenzen oder Koalitionen zwischen unterschiedlichen Behörden neue Formen der landwirtschaftlichen Arbeitsorganisation durchgesetzt wurden, die mit den übergreifenden Veränderungen von Arbeit im Zusammenhang standen. Das Projekt untersucht die Maßnahmen der Behörden und deren Auseinandersetzungen im Detail und prüft, inwiefern die damit einhergehenden Veränderungen landwirtschaftlicher Arbeit zu neuen Hierarchien zwischen Beschäftigten führten. Dazu wird behördliches Aktenmaterial von der lokalen bis zur Ebene der Ministerien aus unterschiedlichen Bereichen der Verwaltung einem systematischen Vergleich unterzogen. Auf dieser Grundlage arbeitet es Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen behördlichen Perspektiven und Maßnahmen sowie deren Veränderungen und Auswirkungen auf landwirtschaftliche Arbeit heraus.
In der historischen Forschung steht eine eingehende Beschäftigung mit diesen Fragen noch aus. Das Projekt leistet daher einen Beitrag zur Forschung über Kontinuitäten und Wandel landwirtschaftlicher Arbeitsorganisation, der auch Antworten zu heutigen Problemen (wie dem Mangel an Regulation in der Beschäftigung von Erntehelfer*innen) liefern kann. Da die staatlichen Eingriffe in die Landarbeit nicht isoliert, sondern im Verhältnis zu jenen Maßnahmen betrachtet werden, die gewerbliche Arbeit betrafen, erlaubt das Projekt darüber hinaus ein besseres Verständnis der Geschichte der Arbeit selbst.
Abbildung: Getreideernte bei Altmünster (Österreich), 1900. Foto: Philipp von Württemberg, Quelle: Wikimedia Commons.