Land-Arbeit

Arbeitsverhältnisse in ländlichen Gesellschaften Europas (17. bis 20. Jahrhundert) (JGLR 5/2008)

Herausgegeben von Rita Garstenauer, Erich Landsteiner und Ernst Langthaler

Arbeit ist zentral für das Erklären und Verstehen ländlicher Gesellschaften, hier und heute ebenso wie in ferneren Räumen und Zeiten. Arbeitende Menschen strukturieren die naturale Umwelt, indem sie – beim Pflügen, Füttern, Ernten und so fort – Material- und Energieflüsse in Nutzen bringende Bahnen lenken. Zugleich strukturiert menschliche Arbeit die soziale Umwelt, indem sie – durch Arbeitsteilung in und zwischen Haushalten – Nahrung sowie andere Güter und Dienstleistungen produziert. Kurz, Arbeit erscheint als eine „Basisoperation“ von Agrarsystemen im Schnittpunkt von Natur und Gesellschaft. Der vorliegende Band liefert Antworten auf die Frage, wie regionale Agrarsysteme über Arbeitsbeziehungen in und zwischen ländlichen Haushalten mit der naturalen und sozialen Umwelt verknüpft waren. Historische, ethnologische und sozialökologische Fallstudien beschreiben die räumliche und zeitliche Vielfalt ländlicher Arbeitsbeziehungen im neuzeitlichen Europa: unter anderem am Beispiel niederösterreichischer Weingartenarbeiter oder Flachsbau treibender Haushalte in Südböhmen in der Frühneuzeit, am Beispiel von „Bauernkaufleuten“ in Südwestdeutschland oder Siedlern an der habsburgisch-osmanischen Militärgrenze im 18. Jahrhundert, am Beispiel hausindustrieller Familien im Moskauer Umland oder Landbesitzern und -pächtern in Katalonien im 19. Jahrhundert, am Beispiel der Nebenerwerbslandwirtschaft im österreichischen Berg- und Flachland oder der Mischwirtschaft der Fischerbauern an der nordnorwegischen Küste im 20. Jahrhundert. Gemeinsam zeigen die einzelnen Fallstudien, wie sich ländliche Akteure ihre naturale und soziale Umwelt arbeitend zu Eigen machten – und darüber auch veränderten.

Einleitung

Rita Garstenauer / Erich Landsteiner / Ernst Langthaler: Land-Arbeit. Arbeitsbeziehungen in ländlichen Gesellschaften Europas (17. bis 20. Jahrhundert)

Aufsätze

Hermann Zeitlhofer: Flachs und die lokale Ökonomie. Arbeitsbeziehungen und das Agrosystem im südlichen Böhmerwald (17. bis 19. Jahrhundert)

Jovica Lukovic: „Cultivierung des wüsten Landes“. Die Habsburger Akkulturationspolitik im Banat und die Beharrungskräfte der naturalen Ökonomie (1718-1778)

Frank Konersmann: Tagelöhner und Gesinde im ländlichen Strukturwandel. Ein südwestdeutsches Agrarsystem und seine Arbeitsmärkte (1770-1880)

Margareth Lanzinger: Zwischen Anforderungsprofilen und Argumentationsrepertoires. Partner/-innen/-wahl und Arbeitsorganisation im bergbäuerlichen Milieu in Tirol und Vorarlberg im 19. Jahrhundert

Ramon Garrabou / Enric Tello / Xavier Cussó: Ökologische und sozio-ökonomische Funktionsweisen mediterraner Agrarsysteme. Eine katalanische Fallstudie im Landkreis Vallès (1850–1870)

Herdis Kolle: Arbeitsbeziehungen in und zwischen ländlichen Haushalten in einer dualen Ökonomie. Agrarsystem und Protoindustrialisierung in Zentralrussland nach der Bauernbefreiung

Ottar Brox: Fischerbauern in der Polarregion Norwegens im 20. Jahrhundert

Gertraud Seiser: „I woaß es nu guat, zwöif oda vierzehn Sengstn samma gwen.“ Soziale Stratifikation und höfeübergreifende Arbeitsorganisation im Unteren Mühlviertel (1920-1980)

Rita Garstenauer: Familienarbeitskraft und Nebenerwerb in unterschiedlichen Agrarsystemen. Ein Vergleich zwischen den Bezirken St. Johann/Pongau (Salzburg) und Oberwart (Burgenland) um 1970

Wolfgang Meixner / Elisabeth Rieder / Markus Schermer: Von der Sommerfrische zum Agrotourismus. Die Auswirkungen von Urlaub am Bauernhof auf Lebens- und Arbeitsverhältnisse auf Tiroler Bauernhöfen

Forum

Elisabeth Schaschl: Rekonstruktion der Arbeitszeit in der Landwirtschaft im 19. Jahrhundert – eine sozialökologische Betrachtung

Stefan Eminger: Grenzen setzen. Distinktionskämpfe im österreichischen Gewerbe (1918-1938)

Rita Garstenauer: Diskurs ohne Praxis? Landflucht und Abwanderung aus der Landarbeit (1920er bis 1960er Jahre)

Ernst Langthaler: Wer ist (k)ein „Bauer“? Inklusion und Exklusion durch Erbhofgerichtsverfahren (1938-1945)

 

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